Tritt Bayern aus der EU aus?

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Die CSU will gezielt Reisende aus dem Ausland zur Kasse bitten. Das verstößt gegen EU-Recht. Foto: dpa

Kommentar von Otmar PhilippDie CSU meint es ernst mit der PKW-Maut für ausländische Fahrzeuge: Parteivorsitzender Horst Seehofer macht die Ausländer-Vignette zur Vorbedingung für einen neuen Koalitionsvertrag. Die EU wird dem nicht zustimmen – somit bleiben zwei Lösungen: Seehofer tritt zurück oder Bayern verlässt EU und Bundesrepublik.

Der Autor

Otmar Philipp war langjähriger Mitarbeiter im Generalsekretariat des Europäischen Parlaments und beobachtet die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs seit mehr als dreißig Jahren.
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Als die CSU auf ihrem Parteitag im Oktober 2011 eine Vignette für alle PKW auf deutschen Autobahnen beschloss, konnte man darüber diskutieren, wie der Beschluss in die Praxis umgesetzt werden sollte. Als die CSU am 19. Juli 2013 ihren "Bayernplan" verabschiedete, konnte man nur noch mit dem Kopf schütteln. Dort ist zu lesen: "Wir wollen eine PKW-Maut einführen für Reisende aus dem Ausland auf deutschen Autobahnen."

Die Autobahnmaut für Ausländer soll nach dem Willen von Parteichef Horst Seehofer und CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt ein wichtiges Wahlkampfthema werden. Das ist sie auch geworden, nachdem Seehofer in der Bild am Sonntag erklärt hat, als CSU-Vorsitzender nach der Bundestagswahl keinen Koalitionsvertrag unterschreiben zu wollen, der nicht die Einführung einer PKW-Maut für Ausländer vorsieht. Wird er vor der Unterschrift unter einen solchen Vertrag etwa zurücktreten?

CDU wie SPD lehnten die CSU-Idee umgehend kategorisch ab. Auf den Hinweis, dass eine Vignette für Ausländer mit europäischem Recht nicht zu vereinbaren ist, erklärte der CSU-Vorsitzende, dann müsse das europäische Recht eben geändert werden.

Schon ein Amtsvorgänger Seehofers, Franz-Josef Strauß, wusste, dass von Bayern die meisten politischen Dummheiten ausgehen. Dass aber die CSU und ihr derzeitiger Vorsitzender die Blamage ihres Verkehrsministers Friedrich Zimmermann vergessen haben, der sich 1990 bereits an einer Straßenbenutzungsgebühr die Finger verbrannte, ist schon erstaunlich. Das damals vom Bundestag beschlossene Gesetz wurde vom Europäischen Gerichtshof in Luxemburg kassiert, bevor es in Kraft trat. Mit der CSU-Idee der Vignette für Ausländer ginge es ebenso, denn heute verbietet der Unionsvertrag ebenso wie die Charta der Grundrechte der EU jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit.

Natürlich lässt sich der Grundsatz der Nichtdiskriminierung aufheben. Die Bundesregierung müsste einen Entwurf zur Änderung der Verträge vorlegen, die dem Europäischen Rat vorgelegt werden, der dann einen Konvent mit Vertretern der nationalen Parlamente, der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, des EU-Parlaments und der Kommission einberuft. Da sich die Bundesregierung bisher grundsätzlich gegen eine Autobahnmaut in Deutschlands ausgesprochen hat, wird sie keinen entsprechenden Vorschlag unterbreiten.

Damit bleibt für Seehofer nur der gleichfalls ziemlich schwierige Weg, die EU zu verlassen. Das ginge ohne weiteres durch Verlassen der Bundesrepublik Deutschland, weil dann Bayern nicht mehr an EU-Recht gebunden wäre und Ausländer nach Belieben diskriminieren dürfte, wie auch Bayern dann in der EU keine Mitgliedschaftsrechte mehr hätte. Zu den Ausländern in Bayern gehörten dann auch alle "Restdeutschen" aus den 15 verbleibenden Bundesländern von Schleswig-Holstein bis Baden-Württemberg.

Strauß meinte schon 1968 in seinem Buch "Herausforderung und Antwort": "Wir können nur Deutsche bleiben, wenn wir Europäer werden." Dieser Satz ist eine schallende Ohrfeige für die Autobahn-Maut Politik der CSU. Hat der CSU-Abgeordnete Thomas Silberhorn vielleicht deshalb in seinem Interview mit EURACTIV.de über die CSU-Wahlziele am die PKW-Maut für Ausländer mit keinem Wort erwähnt?

Otmar Philipp

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"Die CSU hält das Geld zusammen" (5. August 2013)

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