Vertrauensfalle Internet – wenn Facebook & Co. zur unsichtbaren Gefahr werden

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„Auf freiwilliger Basis“ sollten Internetanbieter wie Facebook, Twitter, Google Drive oder YouTube einer Bitte aus Den Haag zur Löschung gefährlicher Inhalte nachkommen. [Poster Boy/Flickr]

Chatten, twittern, bloggen – die digitale Kommunikation ist schon längst im Kinderzimmer angekommen und mit ihr eine neue Plattform der Kriminalität. Verbrecher missbrauchen zunehmend das Internet um Schwerverbrechen zu verbreiten und zu promoten. Das Ergebnis: Die sexuelle Ausbeutung von Kindern steigt an.

Erschreckende 6560 Fälle von Kinderpornografie im Netz hat die Kriminalstatistik 2015 erfasst – die Dunkelziffer wird deutlich höher geschätzt. „Um diese Verbrechen konsequent zu bekämpfen, ist es zwingend notwendig, dass alle Mitgliedsstaaten und die europäische Polizeibehörde Europol sich noch stärker vernetzen und zusammenarbeiten. Es fehlt jedoch an qualifiziertem Personal, an technischer Ausstattung und an finanziellen Ressourcen, um die Täter schneller zu fassen und die organisierten Ringe zu sprengen. Dies muss sich ändern. Europol und das EC3 müssen besser ausgestattet werden, ebenso die spezialisierten Einheiten der Mitgliedsstaaten.“ (Monika Hohlmeier)

Die Statistiken von Europol und Interpol zeigen einen dramatischen Anstieg der sexuellen Verbrechen gegen Kinder und stellen zugleich unter Beweis, wie effektiv eine gute Koordination die Aufklärung dieser grenzüberschreitenden Verbrechen vorantreiben kann. Dennoch bleibt die Zahl der zur Verfügung stehenden Spezialisten beim Kampf gegen Kinderschänder sehr eingeschränkt.

Erschwerend hinzu kommt bei der Bekämpfung von Kindesmissbrauch, dass Kinder immer früher mit dem Internet in Berührung kommen. Beispielsweise haben mittlerweile in deutschen Haushalten 95 Prozent der minderjährigen Kinder Zugang zum Internet. Viele haben schon in der Grundschule ihr eigenes Smartphone. Neben den sicherlich zahlreichen Vorteilen der vernetzten digitalen Welt darf man die daraus entstehende Gefahr nicht außer Acht lassen. „Digitale Bildung ist der Grundstein für ein verantwortungsvolles Verhalten in den sozialen Medien. Häufig sind Eltern damit überfordert. Deshalb brauchen wir Sensibilisierungskampagnen und öffentliche Präventionsprogramme für Jung und Alt. Vor allem Kinder müssen verstehen lernen, dass ihr Verhalten im Internet reale Auswirkungen hat.“ (Sabine Verheyen)

Das geltende europäische Recht kann die Kinder nicht ausreichend vor sexuellen Übergriffen mit Hilfe des Internets schützen, da es in einigen Mitgliedstaaten nicht vollständig verwirklicht ist. Jede Lücke wird von Verbrechern genutzt und Kinder werden Opfer. Sie locken Kinder an, sie zeigen Vergewaltigungen von Babies und Kindern live im Webstream, hinterlassen kaum Spuren und nur wenige in unserer Gesellschaft ahnen von den grausamen Machenschaften der Kinderschänder-Ringe.

„Das Internet an sich ist neutral. Es kann für gute und für schlechte Zwecke genutzt werden. Der zunehmende Missbrauch des Internets für kriminelle Zwecke ist hingegen eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Täter verschleiern ihre Identität im Internet trickreich und effektiv. Alle Mitgliedsstaaten sind daher aufgefordert, die notwendigen gesetzlichen Maßnahmen der Prävention und der Verfolgung konsequent und vollständig umzusetzen.“ (Monika Hohlmeier)

In der Entschließung fordern die Abgeordneten weitere Anstrengungen bei der zügigen Implementierung der Richtlinie, bei der Verstärkung präventiver Maßnahmen, der besseren Zusammenarbeit bei Ermittlung und der Strafverfolgung, einen umfassenderen Schutz von Opfern sowie die vollständige Entfernung illegaler Inhalte.

Die Verbreitung der illegalen Inhalte erfolgt über das sogenannte ‚Darknet‘, die dunkle Kanäle des Internets. Anbieter werden daher in der Richtlinie primär verpflichtet, den Zugang zu als kinderpornografisch identifizierten Websites und entsprechende Inhalte auf den Websites zu löschen. Erst, wenn das aus technischen Gründen nicht möglich ist, steht es den Mitgliedstaaten frei, Inhalte zu blocken. Doch das reine Blocken von Inhalten geht nicht weit genug. „Auf diese Weise wird kein pornografischer Inhalt aus dem Internet gelöscht. Das wäre so, als ob wir einen Videoverleih bitten würden, kinderpornografische Filme in einem separaten Raum zu lagern. Das Angebot bliebe bestehen, es wäre nur besser versteckt. Unser Ziel muss es sein, die Inhalte zu beseitigen und keine neuen entstehen zu lassen.“ (Sabine Verheyen)

Für uns als Europaabgeordnete und Mütter ist eines klar: „Jedes Opfer ist eines zu viel.“ Darüber waren sich auch die Redner und Teilnehmer der heutigen Anhörung zur „Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet“ im Europäischen Parlament einig.

Monika Hohlmeier ist Sprecherin der EVP-Fraktion im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten und betreutet die  Richtlinie und die Entschließung des Europäischen Parlaments zum sexuellen Missbrauch von Kindern im Internet. 

Sabine Verheyen ist Sprecherin der EVP-Fraktion im Ausschuss für Kultur und Bildung.

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