Das österreichische Glückspielgesetz beschäftigt wie kaum ein anderes Gesetz die Gerichte. Jetzt ist es um eine Facette reicher. Und vielleicht bald ein Fall für die EU.
Als vor bald sechs Jahren die beiden Novellen zum Glückspielgesetz verabschiedet wurden, sprachen die Verfasser gerne von einem „großen Wurf“. Mittlerweile stellte es sich als einen ebensolcher Flop heraus. Wie kaum ein anderes Gesetz ist es nicht nur seit seiner Beschlussfassung heftig umstritten und laufend Gegenstand von Gerichtsverfahren, sondern auch der Umgang der Behörden muss sich ständig den Vorwurf der EU-Widrigkeit gefallen lassen. Dabei waren die Novellierungen seinerzeit bereits notwendig geworden, weil das alte Glückspielgesetz und dessen Handhabung den EU-Wettbewerbsregeln widersprach.
Daran hat sich wenig geändert. Mit Wettbewerb hat die gegenwärtige Situation am Markt auch weiterhin nichts zu tun. Obwohl etwa das Pokern zu den gefragtesten Kartenspielen zählt und den geringsten Spielsuchtfaktor aufweist, werden die gewerblich genehmigten Spielsalons von der Finanz bis aufs Messer bekämpft, wurde eine im Gesetz verankerte Ausschreibung von Poker-Casinos kommentarlos gestrichen. Mittlerweile hat der Oberste Gerichtshof auch die Vergabe von drei neuen Voll-Casino-Lizenzen aufgehoben. Der dabei ausschlaggebende Vorwurf der mangelhaften Ausschreibung trifft dabei das Finanzministerium, das sich bisher allerdings gehütet hat, offen zu legen, wie es nun konkret weitergehen soll.
Nun hat auch noch das Kartellgericht den Einstieg des Novomatic-Konzerns in die an sich dringend reformbedürftige Casinos-Austria-Gruppe mit so hohen Auflagen belegt, dass der Konzern davon Abstand nehmen musste. Zum Nachdenken sollte vor allem die Tatsache geben, dass die im niederösterreichischen Weinort Gumpoldskirchen beheimatete Novomatic zu den führenden Glückspielkonzernen weltweit zählt, in der Heimat bislang aber keine Möglichkeit erhielt, dieses Knowhow auch in einem Casino-Betrieb unter Beweis stellen zu können.
Entsprechend bitter klingt auch die Stellungnahme des Vorstandsvorsitzenden Harald Neumann: „Es hat sich leider herausgestellt, dass die Wettbewerbsbehörden und insbesondere der vom Kartellgericht bestellte Gutachter einen Standpunkt vertreten haben, der eine vertretbare Lösung nicht möglich gemacht hat. Ein Großteil der geforderten Auflagen wäre wirtschaftlich nicht vertretbar und hätte auch eine entsprechende positive Entwicklung der Casinos Austria Gruppe konterkariert.“
Interessant an den Einsprüchen der Wettbewerbshüter war vor allem, dass man nicht nur die dominante Präsenz von Novomatic Spielautomaten am österreichischen Markt generell bekrittelte sondern auch verlangte, dass im Nachbarland Tschechien einige von der Gruppe betriebene Casinos abgegeben werden.
Faktum ist freilich, dass nun erst recht am österreichischen Markt kein Wettbewerb sondern ein Monopolzustand herrscht, weil die Voll-Casinos allein in der Hand von Casinos Austria liegen, an denen der Staat mit etwas mehr als 33 Prozent beteiligt ist. Allerdings ist sicher noch kein Schlusspunkt in der endlosen Geschichte gezogen.
Noch in diesem Jahr sollte der Verfassungsgerichtshof über einen Antrag des Obersten Gerichtshofes entscheiden, wonach beim Automatenspiel eine Inländerdiskriminierung vorliegt. Und auch Neumann selbst hält sich weitere Schritte vor. Das kann ein Gang zur nächsten höheren gerichtlichen Instanz in Österreich aber auch zur EU sein. Für viele Experten steht mittlerweile schon fest, dass Finanzminister Hans Jörg Schelling gut beraten wäre, so rasch wie möglich für Klarheit zu sorgen. Das heißt, eine Neuausschreibung der vom Gesetz vorgeschriebenen drei zusätzlichen Lizenzen (zu den bereits bestehenden 12 Casinos) oder noch besser, eine echte Reparatur des Glückspielgesetzes vorzunehmen, um sich weiteren Ärger zu ersparen und für EU-gerechte Verhältnisse zu sorgen.