Europa wird umflogen, auch die Bedeutung Frankfurts als Drehkreuz nimmt ab. Was hat das Bodenpersonal von höheren Löhnen, wenn es mangels Passagieraufkommen entlassen wird?
Der Autor
Andreas Geiger ist Managing Partner der Lobbykanzlei Alber & Geiger (Brüssel und Berlin) und Autor des "EU Lobbying Handbook". Für EURACTIV.de verfasst er in unregelmäßigen Abständen Kommentare zur aktuellen Politik.
__________________
Europa ist zwar keine Insel. Aber es macht sich zusehends selbst zu einer. Und dabei ist hier nicht die Rede von den migrationsfeindlichen Rufen, wie sie zunächst aus der Schweiz kamen und nun brav in verschiedensten EU-Staaten nachgebetet werden.
Nein, die Rede ist hier vom wirtschaftlichen Inseltum der EU. Einer unfreiwilligen Isolationsbewegung, aller neuen Handelsabkommen zum Trotz. Und dafür gibt es einen interessanten Gradmesser, den man Politikern nur ans Herz legen kann: die Vielfliegerforen.
Ein kurzer Blick in eines dieser Foren offenbart jedem, was die europäischen Fluggesellschaften in ihren Statistiken sehen, aber in ihren Bilanzen zu kaschieren suchen. Europa wird umflogen. Jeden Tag mehr. Was die USA durch ihre absurden Einlasskontrollen bewirken, schaffen die Europäer durch ihre Unzulänglichkeiten.
Ein großartiges Beispiel ist der ehemals führende Flughafen Frankfurt am Main. Drehkreuz – oder neudeutsch "Hub" – für eine Großzahl der weltweiten Verbindungen. Amerikaner, die nach Osten wollten, landeten hier ebenso wie Chinesen und Araber, die nach Westen wollten.
Heute fliegt kein Mensch mehr ab oder über Frankfurt, wenn er es nicht muss. Gefühlt seit Jahren permanent streikende Mitarbeiter führen zu unterbesetzten Sicherheitskontrollen mit stundenlanger Wartezeit. Vielleicht hat man Glück, und die Fluglotsen oder das Kabinenpersonal streiken gleichzeitig. Dann erwischt man wegen dieser Doppelstreiksituation den hoffnungslos verspäteten Flieger. Was einem am Zielort trotzdem wenig nutzt, weil man dann allein im Meetingraum sitzt.
Meist arbeiten die diversen Frankfurter Streiksituationen aber nicht mit-, sondern gegeneinander. Mit dem Ergebnis, dass man dann, wenn gerade mal niemand die Piepskontrollen zusperrt, zwar – trotz absurd langer Wanderwege innerhalb der Terminals – rechtzeitig ans Gate gelangt. Von dort aber direkt wieder heimgehen kann, weil ohnehin nichts fliegt. Worüber im Vorfeld niemand den Fluggast informieren konnte, da das hierfür zuständige Personal – streikt.
Ein kurzer Gewerkschaftsgedanke: Was hat das Bodenpersonal von höheren Löhnen, wenn es mangels Passagieraufkommen entlassen wird? Aber egal. Das merken die dann, wenn Frankfurt/Main dieselbe Luftfahrtbedeutung erlangt hat wie Frankfurt/Oder. Leider nicht vorher.
Flughäfen sind heute das, was früher Häfen waren. Einfallstor für Geschäftsbeziehungen, die in Umsatz münden, welche in Steuerzahlungen münden.
Wenn die europäischen Flughäfen auf das Niveau der europäischen Airlines sinken, ist das zwar nur konsequent. Es besiegelt aber auch ihr Schicksal. Statt darüber zu jammern, dass Istanbul, Doha, Dubai und andere diese Hubfunktionen übernehmen beziehungsweise in Teilen schon übernommen haben, wäre es vernünftiger, sich dem internationalen Wettbewerb anzupassen – oder eben das Licht auszuknipsen. Bevor es jemand anderes für einen tut.